09. Januar 2013

Wichtiger Brief der DGAV - Rundschreiben der DGAV im Januar 2012

Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV)

Studien-, Dokumentations- und Qualitätszentrum (StuDoQ)

Liebe Frau Kollegin,
lieber Herr Kollege,

zunächst möchte ich Ihnen, auch im Namen unseres Präsidenten Prof. Post und des Vorstandes, alles Gute zum neuen Jahr wünschen. Möge die Jahreszahl 13 für uns alle eine Glückszahl werden und uns möglichst wenige Komplikationen bescheren.

Da ich etwas auf dem Herzen habe, was ich Ihnen unbedingt übermitteln möchte, wähle ich heute die Form eines Briefes für die erste Mitteilung der DGAV im neuen Jahr.

Was liegt mir auf dem Herzen?

Die Medizin, aber im Besonderen die Chirurgie, ist im vergangenen Jahr in den Fokus, ins Kreuzfeuer der Öffentlichkeit unseres Landes geraten. 

Die Vorkommnisse mit Datenmanipulationen in der Transplantationschirurgie, Fälschungen von Forschungsergebnissen, Bestechungen, Korruptionsvorwürfen und die Diskussion über zu viele und angeblich medizinisch überflüssige Operationen und die Folgen der unsäglichen Bonusverträge haben nicht zuletzt unsere Integrität und unsere Glaubwürdigkeit aufs Spiel gesetzt. Aber noch mehr, all diese Ereignisse haben mit der öffentlichen Debatte zu einem nicht vorstellbaren Vertrauensverlust der Öffentlichkeit gegenüber der Chirurgie beigetragen. Dieser Vertrauensverlust spiegelt sich schon in der reduzierten Organspendebereitschaft der Bevölkerung wider. 

Vertrauen ist aber die Grundvoraussetzung, die Basis für eine Arzt-Patienten-Beziehung. 

Wie können wir Vertrauen zurück gewinnen?

Einen ersten wichtigen Schritt stellt Transparenz dar, Transparenz unserer chirurgischen Ergebnisse. Erfassung und Offenlegung unserer Daten und somit der chirurgischen Qualität bauen Misstrauen ab und werden die Basis sein, verlorenes bzw. zerstörtes Vertrauen zurückzugewinnen. 

Permanent unser chirurgisches Handeln zu erfassen, zu kontrollieren, zu analysieren und aus diesen Erkenntnissen Schritte einer evtl. notwendigen Qualitätsverbesserung in die Wege zu leiten, sind die Ziele der Zertifizierungsverfahren der DGAV. Die DGAV wird im Jahr 2013 eine Qualitätsoffensive starten, um hier Vertrauen zurückzugewinnen.

Dazu hat das Studien-, Dokumentations- und Qualitätszentrum (StuDoQ) Register- und Dokumentationssysteme speziell für die Erfassung chirurgischer Daten entwickelt. Die Systeme wurden zunächst für das kolorektale Karzinom und die Sigmadivertikulitis gestaltet. In den nächsten Monaten werden weitere Datenerfassungen für Sie bereitgestellt.

Ich lade Sie heute alle ein, sich an dem von StuDoQ der DGAV bereit gestellten Dokumentationssystem zu beteiligen.

Während viele junge Kolleginnen und Kollegen gegenüber einer Dokumentation sehr aufgeschlossen sind, haben oft noch ältere Kolleginnen und Kollegen Bedenken. Sei es, dass sie der Meinung sind, ihre Abteilung habe eine Dokumentation nicht nötig, sei es aus Sorge, die eigenen Ergebnisse öffentlich machen zu müssen. 

Ich kann Ihnen aber versichern, dass die Einzeldaten jeweils nur von der eingebenden Klinik jederzeit einsehen werden können. Die Daten sind nicht öffentlich zugänglich. Sie haben mit dem System aber auch jederzeit die Möglichkeit, Ihre Daten für Vorträge oder Publikationen zusammenzustellen. 

Ich appelliere daher an Sie: Erkennen Sie die Zeichen der Zeit, führen Sie eine Qualitätserfassung und –kontrolle durch, bevor Sie zu diesem Schritt in Zukunft gezwungen werden. 

Viele werden sich nun fragen, warum ein neues System nötig ist? Wir dokumentieren doch beispielsweise schon im Rahmen des Zertifizierungsverfahrens der Deutschen Krebgesellschaft (OnkoZert). Dort werden aber lediglich Behandlungsdaten und deren Ergebnisse in der Summation abgefragt, so z.B. die Insuffizienzrate bezogen auf alle Anastomosen. Dabei werden jedoch nicht einen Heilungsverlauf beeinflussende Risikofaktoren, Nebenerkrankungen oder Therapien berücksichtigt. 

Das Dokumentationssystem der DGAV ist aber ein Programm, bei dem aufgrund der Erfassung der Risikofaktoren und Ko-Morbiditäten eine Risikoadjustierung der Komplikationen durchgeführt wird. Dies erst wird die Wirklichkeit der chirurgischen Qualität widerspiegeln. 

Mit Hilfe des für Sie bereitgestellten persönlichen Benchmarkings können Sie Ihre Abteilung genau zuordnen. Sie sind dann auch nicht mehr wehrlos Verdächtigungen und Vorwürfen ausgesetzt.

Dies bedeutet also: Dokumentation belastet nicht, Dokumentation entlastet.

Mit unserem StuDoQ-System können Sie diese Eingriffe auch für jeden Operateur und Assistenten Ihrer Abteilung eintragen. Jeder kann seine eigenen Ergebnisse analysieren. Diese Eintragungen sind freiwillig und anonymisiert und können nur von den einzelnen Abteilungen betrachtet werden.

Wir haben auch die von der Deutschen Krebsgesellschaft (OnkoZert) geforderten Kennzahlen in das System aufgenommen und farblich besonders gekennzeichnet, sodass eine separate Dokumentation nicht mehr nötig ist.

Das Studien-, Dokumentations- und Qualitätszentrum der DGAV (StuDoQ) hat in intensiver Arbeit das Dokumentationssystem für Sie erweitert. Dieses steht nun seit dem 01.01.2013 zu Ihrer Verfügung. 

Was ist neu?

  1. Erweiterung der Datenerfassung für das Rektumkarzinom. Dies betrifft insbesondere diejenigen Erkrankungen und Faktoren, welche chirurgische Komplikationen hervorrufen können (nach Stand der Weltliteratur) – also die Risikofaktoren.
  2. Erweiterung des Dokumentationssystems auf das Kolonkarzinom.
  3. Erweiterung des Dokumentationssystems um die von OnkoZert geforderten Kennzahlen. Diese Daten können ab Mitte 2013 aus dem StuDoQ-System an OnkoZert transferiert werden.
  4. Erweiterung des Dokumentationssystems um den Abschnitt der 30-Tage-Morbidität. Dies ist nach internationalem Standard für eine gute Datenqualität erforderlich (und wird auch von OnkoZert gefordert).

Was sind Ihre Vorteile?

  1. Dokumentation aller Tumoren des unteren GI-Traktes in Ihrer Abteilung.
  2. Durch die Erfassung von Risiko- und anderen Einflussfaktoren sowie von Outcome-Parametern ist eine wirkliche Qualitätssicherung möglich.
  3. Sie können die chirurgische Qualität Ihrer Abteilung risikoadjustiert dokumentieren und nach entsprechender Analyse evtl. Korrekturen in die Wege leiten.
  4. Bei den zunehmend multimorbiden und älteren Patienten kann mit der Risikoadjustierung nun die tatsächliche Operationsqualität abgebildet werden.
  5. Durch Erweiterung um die von OnkoZert geforderten Kennzahlen ist eine separate Datenerfassung für OnkoZert nicht mehr notwendig und kann durch StuDoQ realisiert werden. Ab Mitte 2013 wird im StuDoQ-System dazu eine einfach zu bedienende Exportfunktion angeboten.

StuDoQ bietet Ihnen einen Testzugang an:

Benutzername: teststudoq
Kennwort: teststudoq

Sie können sich hiermit anmelden und die Dokumentation testen. Der Zugang ist für das Rektum- und Kolonregister bis Ende Januar freigeschaltet. Einen vollständigen qualifizierten Testfall haben wir eingegeben.

Ich würde mich freuen, wenn möglichst viele Kliniken und Abteilung dieses Dokumentationssystem nutzen und somit zu einer Qualitätsoffensive der DGAV in diesem Jahr beitragen würden. 

Mit besten Grüßen aus Berlin

Prof. Dr. med. H.J. Buhr
Sekretär der DGAV