27. Januar 2017

Rundschreiben der DGAV im Januar 2017

Liebe Frau Kollegin,
lieber Herr Kollege,

zu Beginn des Jahres möchte ich Ihnen einige Gedanken zum Jahr 2017 übermitteln:
Nach einer kurzen ruhigen Phase um den Jahreswechsel ist das neue Jahr 2017 bereits wieder im vollen Schwung. Die Arbeit in den Krankenhäusern nimmt wieder alle Kraft und Aufmerksamkeit in Anspruch.

Dabei stellt dieses Jahr ein besonderes Jahr dar: Wichtige Entscheidungen stehen an – Landtagswahlen im Saarland und im größten Bundesland Nordrhein-Westfalen sowie die Bundestagswahlen. 
Es stellen sich wichtige Fragen:
Wie werden die Regierungen zusammengestellt sein, aus welchen Parteien, insbesondere natürlich wie wird die Bundesregierung sich zusammensetzen, wer wird neuer Bundesgesundheitsminister? Wie wird die Gesundheitspolitik im möglichen Koalitionsvertrag abgebildet werden?

Sicherlich hat die Gesundheitspolitik des Bundes den größten Einfluss auf die Krankenhäuser, aber wir sollten auch die Aufgaben der Länder nicht aus den Augen verlieren. Die Länder sind für die Investitionen in den Krankenhäusern zuständig. Und hier sind alle Bundesländer in den letzten Jahren nicht ihren Pflichten nachgekommen. Dramatische Einbußen im Investitionsbereich sind zu beobachten.
Im Jahr 2015 wurden in den Krankenhäusern für 5,3 Mrd. Euro Investitionen getätigt, davon wurden 2,7 Mrd. Euro von den Bundesländern beigesteuert, 2,6 Mrd. Euro haben somit die Krankenhäuser aus eigenen Betriebsmitteln geleistet. Diese aufgebrachte Summe, also fehlende Länderinvestitionen, führt in den Krankenhäusern an vielen Stellen zu erheblichen Sparmaßnahmen, die dann alle zu spüren bekommen. 
Nach InEK-Berechnungen wären jährlich 6,6 Mrd. Euro erforderlich und der Krankenhaus Rating Report 2015 (RWI, Essen) berichtet von einem Investitionsstau von mindestens 12 Mrd. Euro.

Vielleicht macht es Sinn, wenn jeder von uns die zu wählenden Kandidaten für Land- und Bundestag kontaktiert und nach ihren Plänen in der Gesundheitspolitik befragt. Ich glaube, wir könnten etwas bewegen.

Mit der Einführung der DRG’s hat endgültig die Ökonomie mit den entsprechenden Managern in den Krankenhäusern das Sagen erhalten, und die, für die ein Krankenhaus überhaupt erforderlich ist, nämlich Patient und Behandler (Arzt und Pflege), sind in die dritte oder vierte Ebene gerutscht. Ohne Zweifel ist Ökonomie notwendig, ohne eine gute ökonomische Steuerung kann ein Krankenhaus auf Dauer nicht bestehen. Aber wir müssen einfordern, dass den Berufsgruppen, die am Patienten arbeiten, der notwendige Respekt entgegen gebracht und das entsprechende Arbeitsumfeld geboten werden. Hieran fehlt es häufig in vielen Krankenhäusern. Wir sollten uns wieder unserer Aufgabe zuwenden: das Wohl und die Lebensqualität unserer Patienten. Das ist unser Auftrag, das erfüllt auch unser berufliches Leben. Wir müssen Anwalt des Patienten sein, dann wird der Patient auch unser Anwalt werden.

Wir können nur dem American College of Surgeons zustimmen: Auf besorgte Anrufe nach der Wahl Trumps schreibt das College: 
… regardless of who is in the White House, our responsibility to you is to stay true to the College’s mission. That mission calls for us to improve the care of the surgical patient and to safeguard standards of care in an optimal and ethical practice environment. …we will evaluate them with these key questions in mind: ‘Is this good for our patients? Is this good for our members? Are quality and safety preserved or improved?’”

Wir müssen uns aber auch zunehmend mit der Problematik und der schon laufenden Diskussion „Haben wir in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern zu viele Krankenhäuser?“ auseinandersetzen. Ein weiterer, sehr aktueller Punkt, der in der gesundheitspolitischen Öffentlichkeit bearbeitet wird, sind die Mindestmengen und Fallzahlen. Wir müssen uns mit diesen Fragestellungen auseinandersetzen und Zeit investieren. Nicht der hundertste chirurgische Vortrag zum gleichen Thema wird uns weiterbringen, sondern wir müssen Zeit und Einsatz aufbringen, um an dieser Diskussion aktiv teilzunehmen. Andernfalls zieht der Zug ohne uns weiter, ohne dass unsere Stimme gehört wurde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Präsident der Landesärztekammer Berlin Dr. Günter Jonitz schreibt in seinem Editorial zum neuen Jahr in der Zeitschrift „Berliner Ärzte“:

Mischen wir uns ein!

Mit diesem Aufruf grüßt Sie herzlich zu Beginn des neuen Jahres  

Ihr

 

Prof. Dr. med. H. J. Buhr
Sekretär