Was ist eigentlich das ACO/ESSO Curriculum?

5 Fragen an Dr. Dr. med. univ. Markus Mille, Ltd. Oberarzt - Helios Klinikum Erfurt

 

1. Mit welcher Intention haben Sie das Curriculum der ACO absolviert?

Die Onkologie sowie die onkologische Chirurgie sind wesentliche Bestandteile der Viszeralchirurgie; wir sind täglich damit konfrontiert. Allerdings wird dieses Thema von der Weiterbildungsordnung nur unzureichend erfasst und gerade für Chirurgen, die sich mit diesem Thema befassen, bestand somit auf nationaler Ebene keine Möglichkeit, sich diese Qualifikation bescheinigen zu lassen. Als die ACO ein gemeinsames Curriculum mit der ESSO ins Leben rief, war für mich also klar, dass ich diese Chance nutzen möchte, um mir meine Spezialisierung auf diesem Gebiet bescheinigen zu lassen bzw. mich einer entsprechenden Qualitätsprüfung zu unterziehen. 

2. Was sind die Inhalte des Curriculums?

Das Curriculum „Chirurgische Onkologie“ der ACO ist an das Curriculum der ESSO (European Society of Surgical Oncology) angelehnt. Es umfasst dabei Kenntnisse in einem allgemeinen Teil, welcher von zellulären Mechanismen der Karzinogenese, Epidemiologie, Strahlenbiologie, Chemotherapie mit ihren Wirkstoffklassen, Palliativmedizin bis hin zur Psychoonkologie reicht. Im speziellen Teil geht es dann um Kenntnisse in verschiedenen Organbereichen: Diese reichen von der Brustdrüse und thorakalen Karzinomen über Karzinome des oberen und unteren Gastrointestinaltraktes bis hin zu gynäkologischen und urologischen Tumoren wie auch Basiskenntnisse über das maligne Melanom. Zusätzlich wird im Rahmen des Curriculums eine einwöchige Hospitation an einem „Comprehensive Cancer Center“ (CCC) gefordert. Ergänzend dazu wird gefordert, dass zwei ausgesuchte DGAV-Kurse und ein Kurs der ESSO-DGAV, ESSO, AIO, DGVS-AGIO oder DGHO innerhalb eines Jahres absolviert werden. Abgeschlossen wird das Curriculum mit einer Prüfung (schriftlich wie auch mündlich). Die fand aktuell zum ersten Mal im Rahmen der Viszeralmedizin stattfand.

3. Was sind Voraussetzung zur Teilnahme?

Zunächst sollte man natürlich Mitglied der ACO als auch der ESSO sein. Eine Anmeldung erfolgt dann primär online bei der ACO. Dabei muss an dieser Stelle festgehalten werden, dass die Plätze begrenzt und heiß begehrt sind. Da die Prüfung von der EBSQ/UEMS abgenommen wird, müssen auch noch deren Voraussetzungen erfüllt werden. Dies beinhaltet unter anderem:

  • FA für Viszeralchirurgie und dann mindestens 4 Jahre Spezialisierung in onkologischer Chirurgie, davon ein Jahr in einem nationalen oder internationalen Onkologischen Zentrum
  • Einmal pro Woche aktiv am Tumorboard teilnehmen
  • Chirurgische Ausbildung von erfahrenen Trainern
  • Log-Buch
  • Forschung bzw. Teilnahme an klinischen Studien

 Die genaueren Details finden sich aber ebenso auf der Homepage der ACO (http://www.aco-chirurgie.de).

4. Wem empfehlen Sie das Curriculum?

Für Kollegen, die aktiv in der onkologischen Chirurgie tätig sind, über entsprechende chirurgische Erfahrung in diesem Bereich verfügen und die Onkologie als ihr Steckenpferd betrachten, ist dieses Curriculum aus meiner Sicht unverzichtbar. 

5. Was ist der Unterschied bzw. welche Vorteile bietet diese Weiterbildung im Vergleich zu den Zusatzweiterbildungen, die durch die Ärztekammern möglich sind?

Bis dato bildet die Weiterbildungsordnung die onkologische Chirurgie nur mit Grundkenntnissen und damit sehr überschaubar ab. Eine entsprechende Zusatzweiterbildung, welche sich explizit mit diesem Thema befasst, gibt es aktuell nicht. Somit muss an dieser Stelle festgehalten werden, dass das ACO-ESSO-Curriculum im Moment überhaupt die einzige Möglichkeit darstellt, sich eine entsprechende Qualifikation bescheinigen zu lassen. Dafür bekommt man aber auch ein internationales Zertifikat, welches im europäischen Raum seine Gültigkeit bzw. Bekanntheit hat.

 

Das Gespräch führte PD Dr. Tobias Huber, publiziert am 17.07.2020.